Alltagswahnsinn des letzten Ehepaares der Welt

Mit "Zweikampfhasen" nahmen Jennifer und Michael Ehnert in der Erlenbachhalle den humoristischen Kampf mit dem Mythos Ehe auf.
 
Die beiden Hamburger bieten, das sei vorab verraten, einen umfassenden Ein- und Überblick über sämtliche Facetten und die ganze Mühsal des Ehelebens.
 
Das "Zweikampfhasen"-Programm ist unterhaltsam, ja zuweilen tiefgründig, und das Oberthema "Sex" sorgt zudem für die nötige Schärfe. Dabei verteilten die beiden jede Menge Hiebe, die weit über die Ehe-Arena hinausgingen. Und so hat das gut 250 Köpfe zählende Publikum - darunter alte (Ehe-)Kämpen, in jahrzehntelangen Scharmützeln gestählte Partner, Junge und Ältere, überzeugte oder gezwungene Singles - zahlreiche Gelegenheiten, die eigenen Erfahrungen und Ansichten neu kennenzulernen oder zu überdenken.
 
Sie sind zehn Jahre verheiratet, aber irgendwie auseinandergelebt, das haben sie sich schon länger. Allerdings ohne es zu merken. Doch im Dialog, da wird es deutlich. Da kann sie ihm und er ihr alles Mögliche vorhalten. Es kommt nur nicht an, man redet gepflegt, mitunter wütend und engagiert, aber stets weitgehend aneinander vorbei.
 
Ob Vegetarismus, Facebook-(Spam-)Kontakte, die ach so freien Vereinigten Staaten, wo "die meisten statt Gehirn eine Handgranate" im Kopf haben - nichts, gar nichts kommt beim vorgespielten Adressaten, dem Ehepartner, wirklich an. Dabei fliegen die Wortgranaten auch immer genau im Zielpunkt ein. Doch - wie vertraut! - es scheinen Blindgänger zu sein. Treffen und explodieren, das schaffen die bösen Worte jedoch problemlos beim Publikum.
 
Ehnert vs. Ehnert präsentieren den ganz normalen Wahnsinn des Ehelebens, und dabei wir klar: Nicht nur Verheiratete gehören irgendwie doch zusammen, auch Gesellschaften und Länder, Anschauungen und Standpunkte benötigen ihren Angelpunkt und Widerpart. Da hilft auch die Rückschau auf die Antike, den Philamon und Baucis stehen stets parat, wenn's ums vergleichen geht. Und: Es könnte ja alles so schön sein, wenn da nur nicht der Sex wäre. Ob inner- oder außerehelich, er war, ist und bleibt die Ehe schon ohne, vielmehr aber mit dem Sex "die Mutter aller Konflikte".
 
Was bleibt als Resümee? "Zweikampfhasen" bietet ausgezeichnete Unterhaltung inklusive "Merkelscher 180-Grad-Wendungen", Einblicke in Oberflächlichkeiten, Ausblicke auf die Spitzen und Abgründe der Ehe, Erklärungen der Philosophie des antiken Griechenlands und nicht zuletzt jede Menge Spaß. Zudem zwei Akteure, die über sich selbst lachen können und das Igersheimer Publikum in ihr Herz geschlossen haben. So kann man sich schon heute auf das nächste Programm freuen. (Hans-Peter Kuhnhäuser)
 
 
 

Balanceakt zwischen Übertreibung und Zurückhaltung

„Und jetzt sind wir seit acht Jahren sehr, sehr glücklich miteinander verheiratet“, bekräftigen Michael und Jennifer Ehnert. Kaum ausgesprochen, entgleiten die Gesichtszüge: ihr gefriert das Dauerlächeln, er scheint kurz vor dem Erbrechen. Das Ehepaar ist auf dem Boden der Tatsachen gelandet.
„Ehnert vs. Ehnert – Zweikampfhasen“, heißt das „biografische“ Programm, bei dem das Reality-Ehepaar aus dem Vollen schöpft. Es ist der komödiantische Balanceakt zwischen Übertreibung und Zurückhaltung, den die beiden Ausnahme-Mimen beherrschen. Außergewöhnliche Komik, die nicht Klamauk heraufbeschwört, sondern den Charakteren Tiefenschärfe verleiht.
Fällt die Maskerade, ist bei beiden Schluss mit lustig. Prinzipiell habe es auch Vorteile, die Phase der Verliebtheit zu überwinden, denn Verliebte seien so durch den Wind, wie man das nur von posttraumatischen Belastungsstörungen kenne, rechtfertigt sich Michael und schiebt nach: „Wie Leute, die aus dem Afghanistankrieg zurückkommen.“ „Was? Das heißt, ich bin deine angetraute Ost-Ukraine? Deine Pearl-Habor-Muschi, deine Blitzkrieg-Trulla oder was“, echauffiert sich seine Angetraute. Mal lustige, mal tiefsinnige Szenen einer Ehe, dicht arrangierte Monologe, Wortduelle und Rollenspiele, die immer mit Biss und großartiger Mimik ausgetragen werden. Nichts, aber gar nichts, ist den Eheleuten peinlich. Menschliches, wie die „Untersuchungen“ beim Gynäkologen oder der Urologin, werden so souverän gelöst wie der Dialog mit der „Prostatuierten“ Olga, dem Anwalt oder dem Exfreund.
 
So karg die Bühne, so üppig die sprachlich wie textintensive Megaleistung beider Schauspieler, die selbst in schlüpfrigen Momenten nie allzu billig wirken. Vielmehr ist der temporeiche Abend von blitzgescheiten Momenten geprägt. „Die Ehe ist ja auch schon ohne Sex die Mutter aller Konflikte“, sind sich beide einig. (Sabine Ackermann)

Die Tücken einer Ehe: Kabarett der besonderen Art

Da fliegen vielleicht die Fetzen. Sie beschimpft ihn als „haltungslos“ und als „Knallcharge“. Er kontert nicht weniger frech mit „EC-Karten-Schnorrerin“ und wirft ihr „Teilzeit-Vegetarismus“ vor. Was ein handfester Ehestreit sein will, das darf und das muss manchmal auch ein bisschen lauter werden. Im Kulturhaus Osterfeld kämpfen Michael und Jennifer Ehnert sprichwörtlich mit harten Bandagen und nehmen kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, den Ehepartner vor den Kopf zu stoßen. Da kann man wirklich froh sein, dass alles nur gespielt ist und sich die beiden tatsächlich verheirateten Kabarettisten privat hoffentlich besser leiden können.
Auf der Bühne aber wird jede noch so winzige Kleinigkeit breitgetreten: Etwa der Umstand, dass sie im Schlaf rülpst, eine Pudelmütze trägt, eine Beißschiene im Mund hat und eine Nasenklammer im Gesicht. Aber er kommt auch nicht besser weg mit seinen „Nasennebenhöhlenproblemen“ und den Deutsche-Bahn-Ansagen während des Sexes. Überhaupt läuft es im Schlafzimmer alles andere als rund. Für ihn Grund genug, zu Olga zu gehen, einer „Prostituierten mit Ansaugstutzen“. Und sie lässt sich von ihrem Frauenarzt den antiken Mythos der Abgeschlossenheit der menschlichen Urnatur erzählen. Er besucht eine Produzentin, die im Fernsehen eine Scheidungs-Show macht und ihn obendrein gern als einen ihrer zahllosen Liebhaber hätte. Sie rennt indessen zum Scheidungsanwalt, um sich lang und breit von ihm belehren zu lassen, die Ehe sei ein „von Männerhand erfundenes Unterdrückungsinstrumentarium“. Das blanke Chaos. Aber wie konnte es eigentlich so weit kommen?
Schließlich beginnt alles ganz idyllisch. In trauter Zweisamkeit sitzen die beiden Ehnerts auf der Osterfeld-Bühne und erzählen stolz, sie seien bereits seit neun Jahren verheiratet. „Wahnsinn, was mit Drogen alles möglich ist“, meint er. Wie im echten Leben: Ein falscher Satz und es geht los. Aber ein Gutes hat das Gezanke: Wenn die beiden sich über alles Mögliche streiten, dann freut sich ein Dritter, nämlich das Publikum. Mit Pointen gespickte Dialoge, haarsträubende Vergleiche und absurde Szenen sorgen dafür, dass die Zuschauer aus dem Lachen nicht mehr herauskommen.
Jennifer Ehnert geht voll auf in der Rolle der freiheitsliebenden Powerfrau mit einem Faible für Amerika. Michael dagegen mimt den überzeugten Veganer, der Facebook-Spam tatsächlich für soziale Kontakte hält und eine fast schon gruselige Vorliebe für Zahlen hat. Kein Wunder, dass sie ihm vorwirft, er meine, immer alles zu wissen. Aber mitnichten. Denn wie sagt ein bulgarisches Sprichwort? „Der Teufel weiß alles, aber er kennt nicht den Ort, an dem die Frauen ihre Messer schleifen.“
Harter Tobak, den das Publikum im Osterfeld fast zwei Stunden ertragen muss. Aus den anfänglichen Streitereien entwickelt sich schnell eine grundsätzliche Mann-Frau-Debatte über das „mediale Patriarchat“, über den bürokratischen Aufwand einer Scheidung und über Zukunftsängste. Da hilft tatsächlich nur noch eine Scheidungs-Show. Aber keine Angst, getrennt haben sie sich doch nicht. Stattdessen wünschen sie ihrem begeistert applaudierenden Publikum ein „wunderschönes Beziehungs-Restleben“. (Nico Roller)

Satirische Reise durch den Mythos Ehe

Einen Geschlechterkampf lieferten sich Jennifer und Michael Ehnert auf der Bühne des Hanhart-Kunstprojekts und demaskierten dabei die Liebesehe als eine Erfindung der Romantik. Mit ihrem Kabarett „Zweikampfhasen“ begaben sie sich auf eine satirische Reise durch den Mythos Ehe.
Alles begann vor neun Jahren mit Schmetterlingen im Bauch, „eine ekelhafte Vorstellung“, so Michael. „Mittlerweile sind wir in der Ruhe und Gelassenheit des Paar-Alltags angekommen“, brüllt er dem Publikum entgegen. Es scheint, dass da eine Utopie des Glücks gescheitert ist, der Zuckerguss bröckelt gewaltig. Jennifer ist Amerika-Romantikerin, lebt in einer Hollywood-Seifenblase, und Michael ist Zahlen- und Datumsfetischist und lustfeindlicher Vegetarier, so Jennifer. Treffsicher wird der wunde Punkt des Anderen angepeilt, die größtmögliche Verletzung ist das Ziel und dabei sind Worte nun mal die schärfsten Waffen.
In ihrer monogamen und dabei polybrutalen Beziehung sind Herr und Frau Ehnert das einzige überlebende Exemplar einer ausgestorbenen Spezies: Ein Ehepaar. Und es vergeht keine Minute, in der sie nicht heftige Zweifel hegen an der Sinnhaftigkeit ihrer unmodernen Lebensform. Die Institution Ehe nehmen sie im Stück politisch unter die Lupe, zum Beispiel als abgelaufenes Unterdrückungsinstrument der 50er Jahre.
In das fein ausgearbeitete Beziehungs-Drama banden sie weitere Figuren ein und konnten dabei ihr ganzes schauspielerisches Können in den Rollen einer Pfarrerin, Scheidungsanwalt, Psychologin und des schwulen Kumpels austoben. Die beiden blieben dabei nicht in platten Geschlechterklischee stecken. Die rasanten Dialoge führten aus dem Alltag in die griechische Mythologie, von der Filmgeschichte in die Philosophie und mühelos zurück in die Banalität ihrer Zweierbeziehung.
Der Scheidungsanwalt heizte zwar ordentlich ein – doch wie zu erwarten und zu hoffen – sie blieben zusammen getreu nach dem Motto „Come what may“, das sie sich in ihre Eheringe eingravieren ließen. Temporeich, wortgewandt, schauspielerisch brillant – was kann man von einem Kabarettabend mehr erwarten.
 

Schlagkräftige Zweikampfhasen

KABARETT Ehnert vs. Ehnert ziehen im Unterhaus in die nächste spritzige Beziehungsschlacht
MAINZ - Da sitzen sie strahlend auf der kleinen Unterhaus-Bühne. „Seit acht Jahren sind wir glücklich verheiratet“, erzählt Michael Ehnert. „Ich werde nie vergessen, wie wir uns das erste Mal gesehen haben“, meint Jennifer Ehnert. Damals saß sie im Publikum und schaute sich das Solo-Kabarett ihres künftigen Göttergatten an. Sie dachte: „Was für ein gut aussehender Mann.“ Nun blickt Jennifer Ehnert hinüber zu ihm. Die Mundwinkel rutschen nach unten. „Er war ja damals noch unter 40.“ Michael Ehnert seufzt: „Das ist alles lange her, und Menschen verändern sich.“
 
Keine fünf Minuten ist der Abend alt, da zeigen sich erste Risse im Glücksgebäude, der Zuckerguss bröckelt, der Lack ist ab. Das Programm kann beginnen. Ehnert vs. Ehnert gehen mit „Zweikampfhasen“ in die zweite Runde ihrer Beziehungsschlacht, die 2011 mit „Küss langsam“ im Düsseldorfer Kom(m)ödchen begann.
 
 
Schon im ersten Schlagabtausch überzeugten Ehnerts Texte ganz und gar. Dem Kabarettisten gelingt es, Klamauk mit Tiefsinn zu vereinen. Er schreibt sich und seiner Frau rasante Dialoge auf den Leib, die aus dem Alltag in die griechische Mythologie, von der Filmgeschichte in die Philosophie und mühelos zurück zur Banalität der Zweierbeziehung gleiten.
 
„Die Liebesehe ist eine Erfindung der Romantik“, konstatiert er. Sie schaut aus großen Augen. „Und vor dem 18. Jahrhundert fanden es die Leute total eklig, verliebt zu sein?“ – „Den Boden unter den Füßen verlieren, Schmetterlinge im Bauch, das ist doch wirklich nichts Positives“, bekräftigt er.
 
 
Als „Zweikampfhasen“ schmieren sich die beiden so ziemlich alles aufs Brot. Sie verhöhnt den engagierten Veganer: „Seit du keine Eier mehr isst, steht deine kleine Eiche doch im Tal des Todes.“ Ohne sie liefe sowieso überhaupt nichts mehr. „Wir wären doch nicht seit acht Jahren verheiratet, wenn ich nicht ständig einen Schritt zurück machen würde.“ Er kontert: „Du machst doch nur einen Schritt zurück, um besser Anlauf nehmen zu können.“
 
Im Zweikampf können die beiden all ihre schauspielerischen Fähigkeiten ins Rampenlicht rücken. Sie verkörpern nicht nur jenes Paar, sondern schlüpfen in die Rolle der Pfarrerin und des Scheidungsanwalts, der Psychologin und des schwulen Kumpels.
Es bleibt beinahe keine Atempause bei diesem wilden Galopp durch die Welt der Liebe und des Hasses. Nach der Pause, als das Zwei-Personen-Drama unversehens ins Surreale entschweben soll, hängt es kurz etwas durch, doch zum Glück fangen sich die beiden wieder. Am Schluss gibt es bei der Partie Ehnert vs. Ehnert einen eindeutigen Sieger: das begeisterte Publikum.
(von Gerd Blase)

Das Ehepaar Ehnert begeistert als Zweikampfhasen

 
Wir sind seit acht Jahren sehr, sehr glücklich verheiratet“, verkündete das aus einer Illustrierten heraus gefallene Vorzeigepaar gurrend und schnäbelnd, die Händchen unlösbar ineinander verhakt. Wer sich jetzt im falschen Film wähnte – immerhin heißt das zweite gemeinsame Programm der beiden „Zweikampfhasen“ – den holte Michael Ehnert ziemlich schnell mit infernalischem Brüllen zurück in die Realität: „Wir sind angekommen in der Ruhe und Gelassenheit des Paaralltags“, oder, anders ausgedrückt „in der kleinsten Terrorzelle der Welt“.
Und genau dort fängt der Spaß an: „Bevor du mich kanntest, hast du dir doch Wurst mit Gesichtern drauf gekauft“, lästert Jennifer, die es nie ganz verwunden hat, ihren Traum vom „American Way of Life“ zu Gunsten eines veganen Zahlenfetischisten begraben zu haben. Dass er den Geschlechtsakt mit einer Bahnhofsdurchsage à la „Auf Gleis 6 kommt in wenigen Sekunden, wie immer deutlich verfrüht. . .“ kommentiert, macht es auch nicht besser. Latent unzufrieden mit dem, was nach der – Michaels Meinung nach sowieso ekligen, hormonell manipulierten – „Insekten im Bauch“-Phase bleibt, wird fleißig gestritten und in Richtung Scheidung manövriert.

Ganz nebenbei enttarnen die Rosenkrieger die Ehe als abgelaufenes Unterdrückungsinstrument der 50er Jahre. Überhaupt gibt es eine Menge Gesellschaftskritik, etwa beim herrlich bösartigen Imitieren des Werbespots eines Billig-Textilanbieters oder der Angst vorm Lauschangriff.

Parallel verkörpern die beiden Vollblut-Mimen schräge Charaktere: Michael den Gynäkologen mit Antike-Fimmel, den schwulen besten Freund Franz und den Ex-Lover seiner Frau, der fatal an Barbies Ken erinnert, während Jennifer als Frau Olga in einer „Prostatuiertenpraxis“ herumwerkelt oder als Fernsehproduzentin ihren Ex anbaggert. Als letztes verbliebenes Ehepaar weltweit beschließen die Ehnerts in einer „Wir-gegen-die-Welt“-Geste dann urplötzlich, ihr Leben am liebsten doch wie Philemon und Baucis gemeinsam auszuhauchen – im Augenblick des Todes in Bäume verwandelt.

Gern kamen die Besucher der Aufforderung der Ehnerts nach, in ihrem virtuellen Gästebuch einen Kommentar zu hinterlassen: „War unser erstes Live-Kabarett. Fanden es total genial“, mailte „der Finanzbeamte aus der ersten Reihe“. „Drei Ehepaare aus Oberursel“ schwärmten: „Alles treffend, perfekt und phänomenal! Wir haben uns blendend amüsiert.“ Hinsetzen, weiter kämpfen!
 

Das wortgewaltige Schauspielerpaar Jennifer und Michael Ehnert

Der Mann steht am Bühnenrand, Dunkelheit umgibt ihn, ein Lichtkegel erhellt ihn. Er hat einen hellen Moment in düsteren Zeiten. Glaubt er jedefalls. „Frauen behaupten immer, sie suchen einen Mann zum Pferdestehlen. In Wahrheit suchen sie einen Mann, der ihnen ein Auto kauft.“ Der Mann nickt bedeutungsschwer und beifallheischend.
 
Die Frau steht am anderen Bühnenrand, sie hat die Arme vor der Brust  verschränkt; sie schüttelt ihr Haupt. Volles Bühnenlicht. „Mach es dir ruhig bequem in deinen Klischees von 1950. Soll ich dir jetzt noch Pantoffeln und Bier bringen?“ Allzu rhetorisch ist ihre Frage offenbar nicht gemeint.
 
Nach ihrem fulminanten ersten Programm „Küss langsam“ eröffnet das Schauspieler-Ehepaar Jennifer und Michael Ehnert mit „Zweikampfhasen“ die nächste Runde seiner Beziehungsschlacht. Es sind Szenen einer Ehe, wortgewaltig, ungemein dicht arrangiert, wuchtig und manchmal verblüffend. Bisweilen erinnern die verbale Leichfüßigkeit, die Schärfe, der Biss und die ausgefeilten Wortspiele an die Screwball-Klassiker aus Hollywoods goldener Epoche. Die Ehnerts erliegen freilich nicht der Versuchung, diesem bequemen Pfad zu folgen. Sie erinnern mit ihrem zweiten Programm, das sie jetzt im Panteon präsentierten, eher an Liv Ullmann und Erland Josephson denn an Katharine Hepburn und Spencer Tracy. Die Monologe, Wortduelle und Rollenspiele werden von einer Art Boxring-Gong unterteilt. In ihrer schonungslosen Analyse, stets in Sichtweite zur Selbstzerfleischung, ist den Eheleuten nichts Menschliches fremd. Wie die beiden Schauspieler ihre Besuche beim Gynäkologen beziehungsweise bei der Urologin umsetzen, ist unpeinlich, originell und souverän gelöst – ebenso explizit wie dezent.
Dieses rasante, intelligente und hoch energetische Beziehungskabarett mit Echtheitszertifikat ist einzigartig auf deutschen Bühnen.
(Mit freundlicher Genehmigung von Hagen Haas, General-Anzeiger Feuilleton 17./18. Oktober 2015)

Frauen schärfen ihre Messer

„Come what may“. Zumindest glaubten Michael und Jennifer Ehnert daran, bevor sie mit ihrem neuen Programm „Zweikampfhasen“ am Donnerstag ins Pantheon kamen, um in aller Öffentlichkeit ihren Rosenkrieg auszutragen. Dabei nahm sich das Ehepaar, natürlich nur auf der Bühne, hart ran und inszenierte eine satirische Reise in den Mythos Ehe.
Aber von vorn: Kennengelernt hatten sie sich bei Michael Ehnerts erstem Soloprogramm „Mein Leben“ im Dezember 2006 um circa 22.20 Uhr. Das weiß Michael Ehnert so genau, weil er ein Zahlenfreak ist und damit zu deutscher Höchstform aufläuft. Sie dagegen liebt Amerika und lebt in einer Hollywood-Seifenblase, mit der sie sich die immerwährende Freiheit des Landes vorgaukelt. „Das wird nichts“, hatten dem Ehepaar schon damals Bekannte vorausgesagt. Versuchen kann man es aber trotzdem. Und deshalb fackelte Michael Ehnert auch nicht lange und machte seiner Jennifer schon drei Wochen nach der ersten Begegnung einen Heiratsantrag.
Acht Jahre später: Man ist in der Ruhe und Gelassenheit des Paar-Alltags angekommen. So zumindest nennt das Michael Ehnert, der es sowieso eklig findet, ständig Insekten im Bauch zu haben. Für ihn ist die Phase der Verliebtheit nur eine hormonelle Manipulation des Gehirns, eine liebenswürdige Erfindung der Romantik. Sie dagegen ist frustriert, so richtig weiß sie aber auch nicht mehr, warum sie mit einem Veganer zusammen ist, der eigentlich keine Freunde hat und als autistischer Einsiedler durchgehen könnte.
So scheint es, dass da eine Utopie des Glücks gescheitert ist und das Ehegelübde „Come what may“, das die beiden sich doch so schön in ihre Ringe eingraviert hatten, nichts mehr zählt. Aber bevor man so ein Versprechen endgültig die Toilette runterspült, wird auf der Bühne kräftig gestritten. Schließlich „weiß der Teufel alles, er kennt nur nicht den Ort, an dem die Frauen ihre Messer schärfen“.
Michael und Jennifer Ehnert liefern mit „Zweikampfhasen“ nicht nur eine bloße Fortsetzung ihres ersten Programms „Küss langsam“, in dem sie versuchen, sich seit 4 Jahren scheiden zu lassen, ab. Bewusst wird die Ehe in „Zweikampfhasen“ auch politisch unter die Lupe genommen, als abgelaufenes Unterdrückungsinstrument der 50er Jahre zum Beispiel. Gesellschaftskritik gibt es bei den Zweikampfhasen überhaupt an vielen Ecken. So imitiert das Ehepaar einen Werbespot von KiK, stürzt sich auf die Medien oder parodiert die Performance-Kunst. Zu ihrer Rosenkrieg-Geschichte fädeln sie außerdem die verrücktesten Rollen ein und beweisen mit der sexistischen Psychotherapeutin oder dem schwulen Freund „Franz“ echtes schauspielerisches Können.
Das kommt nicht von ungefähr: Jennifer Ehnert hat ihre Schauspielausbildung am berühmten Lee-Strasberg-Institut in New-York abgeschlossen und tourte mit ihrem Mann, der mit seinem Soloprogramm den deutschen Kleinkunstpreis gewonnen hat, bereits durch die New Yorker Club-Theater-Szene.
Und weil die Ehnerts sich am Ende der Show dann auch wieder vertragen, muss man sich erst mal keine Sorgen darüber machen, dass die Streiterei – zumindest auf der Bühne – weitergehen kann.
(von Barbara Franke)

Zeltspektakel: Zweikampfhasen macht die Manege zur Arena

Dieser Freitag ist der mit Abstand besucherstärkste Abend des bisherigen Zeltspektakels, über 250 Zuschauer drängen sich hier im Zirkuszelt. Das liegt sicher auch daran, dass die Ehnerts nicht zum ersten Mal in der Gegend und auch nicht zum ersten Mal hier beim Zeltspektakel auftreten, vor zwei Jahren gastierten sie schon mit ihrem ersten gemeinsamen Bühnenprogramm "Küss langsam" in der Manege, das sie deutschlandweit über 250 Mal (und in einer englischsprachigen Fassung auch in den USA) präsentierten. Heute also "Zweikampfhasen".
Worum es geht, ist im Grunde schnell erzählt: Da steht ein Paar auf der Bühne, dass nach acht Jahren Ehe zunehmend über viele Gegensätzlichkeiten stolpert, über nicht erfüllte Erwartungen, unterschiedliche Vorstellungen, die störenden Angewohnheiten des Partners, die sich die beiden in oft rauem Ton gegenseitig vorhalten. Es ist ein Schlagabtausch, die Manege wird zu einer Art Arena. Mehr und mehr kommen die beiden zu dem Schluss, die Institution Ehe habe längst ausgedient, und so spitzt sich die Situation zu, bis sie sich am Ende als letztes verheiratetes Paar dieser Welt fühlen.
Zwischendurch immer wieder kurze Szenen, in denen ihre Freunde, Ärzte, Anwälte ihnen raten, den anderen doch endlich sitzen zu lassen, ein neues Leben in Freiheit zu beginnen, ohne lästiges Anhängsel. Das ist umso witziger, wenn man denn weiß, dass die zwei nicht nur auf der Bühne, sondern auch im wahren Leben tatsächlich miteinander verheiratet sind. Man fragt sich, wie viele Körnchen Wahrheit wohl in diesem Stück stecken.
Es ist sicher nicht zu viel verraten, natürlich, man ahnt es schon, bleiben sie am Ende doch zusammen. Dem Publikum bietet der Abend jedenfalls Kurzweil, Witz, hervorragende Unterhaltung und ein bisschen was zum Nachdenken obendrein.
Am Ende steht ein sehr spritziger Aufführungsabend, die beiden Protagonisten schenken sich nichts, agieren pausenlos, schlagfertig, es bleibt kaum Zeit zum Luft holen.

Eigentlich ganz glücklich

„Ein bulgarisches Sprichwort sagt: Der Teufel weiß alles. Bloß er kennt nicht den Ort, an dem die Frauen ihre Messer schleifen.“ – Aber vorne angefangen: Hand in Hand betritt es die Bühne, das strahlende Paar, das zähnebleckende Eheglück. Jennifer und Michael Ehnert, seit acht Jahren perfekt verheiratet. Zwei, die sich gefunden haben, um „come what may“ den Widrigkeiten des Lebens zu trotzen – die große Liebe ohne Anfang und ohne Ende, schicksalsschwer ins Gold graviert.
 
Doch was ist geworden aus der Verliebtheit von vor acht Jahren? Michael Ehnert brüllt die Antwort den Zuschauern im Kreuzberger BKA-Theater entgegen: „Wir sind angekommen in der Ruhe und Gelassenheit des Paaralltags!“
 
Wie der sich gestaltet, stellen uns die Ehnerts in den folgenden zwei Stunden detailgetreu dar. Dabei ist es gut zu wissen, dass die beiden Darsteller tatsächlich so heißen wie ihre Bühnenfiguren und wie sie miteinander verheiratet sind.
 
Jennifer hat eine Amerika-Meise (Stichwort Freiheit nach Hollywood-Klischee), und Michael, naja, der ist eben ein deutscher Mann. Zudem Zahlen- und Datumsfetischist und Vegetarier (Stichwort Erbsenzähler). Gegensätze ziehen sich an? Der „autistische Einsiedler“ beruft sich auf seine „sozialen Kontakte“ außerhalb der Ehe. Alle paar Minuten bimmelt eine Spam-Mail aus seinem Handy. Sie möchte sich keinesfalls die Blöße geben, eifersüchtig zu wirken.
 
Als Frau und Mann spielen sich Ehnert und Ehnert durch den Geschlechterkampf, ringen mit Klischees „Die Frauen sagen, sie möchten einen Mann zum Pferdestehlen, wollen aber tatsächlich einen, der ihnen ein Auto kauft.“ – „Männer sind die Nigger dieser Welt.“ Komisch und bösartig fliegen die Fetzen. Ehe ist doch sowieso nur die Abkürzung für „erare humanum est“ (Irren ist menschlich). Sieht ganz so aus, als wäre hier eine Utopie vom Glück gescheitert.
 
Anders als in ihrem ersten Stück „Küss langsam“ bringen Ehnert und Ehnert diesmal weitere Figuren außer sich selbst mit auf die Bühne. In die angespannte Lage sich einzumischen wagen die Psychotherapeutin, die Proktologin, der Frauenarzt, der Scheidungsanwalt, Brad aus Hollywood, Frau Olga und der schwule Franz („dein Mann, der Sklaventreiber!“).
Dadurch geben die Ehnerts sich selbst die Chance, den Facettenreichtum ihrer schauspielerischen Möglichkeiten – quasi nebenbei – vorzuzeigen.
 
Während nicht namentlich genannte Comedians auch gerne mal das Thema MännerundFrauen verulken und dabei im Chauvinistisch-Banalen bzw. Defizitär-Barbiehaften rumdümpeln, halten Ehnert und Ehnert sich erst gar nicht bei Shopping-Marotten und ähnlichem Firlefanz auf. Sie führen Krieg und zwar richtig, im Namen der Liebe. Da wird psychologisch und philosophisch sauber argumentiert, da wird unsachlich gepöbelt. Rasierklingenscharf die Dialoge, die sämtlich Michael Ehnert geschrieben hat.
 
Treffsicher wird der wunde Punkt des Anderen angepeilt, die größtmögliche Verletzung ist das Ziel. Und Worte sind nun mal die schärfsten Waffen. Dabei bleibt der Treibstoff in diesem fein gearbeiteten Beziehungsdrama – okay, nicht in jedem Moment, aber grundsätzlich – die „aristophanische Sehnsucht nach Zweisamkeit“. Schließlich möchten sie doch bloß „come what may until my dying day“ das Leben gemeinsam verbringen und am liebsten wie Philemon und Baucis im Mythos schließlich gemeinsam zu Ende bringen. Wenn nur einer wüsste, wie das geht!
 
Erst wenn Zweie das herausgefunden haben, können wir vielleicht auf einen Abend wie „Zweikampfhasen“ verzichten, was wirklich schade wäre um dieses köstliche Vergnügen. Bis dahin hilft nur Hingehen…
 
(BEATE MÖLLER)
 

Endstation Ehehölle

Die Ehe ein Auslaufmodell? - Bereits in ihrer Rosenkrieg-Komödie "Küss langsam" gierten die beiden Hamburger Künstler Jennifer und Michael Ehnert förmlich nach der Scheidung. Nun, in ihrem zweiten Programm "Zweikampfhasen", stehen sie als eines der letzten drei Ehepaare auf Erden kurz vor der Erfüllung ihres sehnlichsten Wunsches.
Obwohl das Schauspieler- und Ehepaar den verzweifelten Gang zu den "AA", den "Anonymen Angetrauten", schon hinter sich hat, scheint eine Versöhnung unmöglich. In der Regie von Martin Blau fetzen sich die zwei nicht nur wie die Kesselflicker, die Ehekriegsveteranen schlüpfen auch noch in viele weitere Rollen. Etwa den Ex-Lover, die Therapeutin, einen Scheidungsanwalt oder den besten, schwulen Freund.
Das Schauspiel-Kabarett aus der Feder von Michael Ehnert ist so vergnüglich wie vielschichtig. Messerscharfe Screwball-Dialoge und verbale Kinnhaken zeugen zwar von unüberbrückbaren Differenzen, doch die Hoffnung auf ein Happyend stirbt bekanntlich zuletzt. "Zweikampfhasen" ist ein turbulenter, klasse Eheclinch, der es in sich hat.

ULRIKE BOROWZYK

Szenen einer Ehe (-Hölle)

Jennifer und Michael Ehnert überzeugen als "Zweikampfhasen
Paare mit Problemen gehen zum Therapeuten. Die Ehnerts gehen damit erfolgreich auf die Bühne. Nach ihrem Scheidungsdrama "Küss langsam" entlarven Jennifer und Michael Ehnert die Ehe als "gefährlichste Terrorzelle" - immerhin blicken sie auf acht gemeinsame Jahre im Selbstversuch zurück: Als "Zweikampfhasen" fetzen sie sich wortgewaltig im neuen Programm. Das fantasierte Szenario: Sie sind eines der drei letzten Ehepaare dieses Planeten. Und das trotz unüberwindbarer Gegensätze beim Liebesspiel, wie die gegenseitig geouteten Vorlieben zeigen. Großartig übernehmen beide zusätzlich Nebenrollen: Michael E. spielt den Gynäkologen, einen schwulen besten Freund und den Ex-Lover seiner Frau, während Jennifer E. als fragwürdige Frau Olga einer "Prostatuiertenpraxis" oder Verflossene den Gatten bei den Eiern hat. Apropos: Auch vegane Essgewohnheiten sind ein gefundenes Fressen im Streitgespräch um die Potenz: "Seit du keine Eier mehr isst, steht deine kleine Eiche doch im Tal des Todes!" Die brillanten Dialoge schrieb Michael Ehnert sich und seiner angetrauten in den Mund... (Dagmar Ellen Fischer)

Gefeierte Premiere

Michael und Jennifer Ehnerts Kabarett-Schauspiel erlebte eine gefeierte Premiere
Es soll sie ja noch geben, jene Ehepaare, die seit Jahren verheiratet sind. Auch Jennifer und Michael Ehnert sind solch ein Fall - ein ganz spezieller. Am Ende ihres neuen Kabarett-Schauspiels "Zweikampfhasen" sind die beiden das weltweit letzte Ehepaar, das dann aber noch im Fernsehen in der "Scheidungsshow" vor die Qual der Trennung gestellt wird. Bis es soweit kommt, lernen die Zuschauer die Ehnerts mitsamt ihrer skurrilen Ex-Freunde, Therapeuten, Anwälte und Nöte derart gut kennen, dass es am Ende der Deutschland-Premiere lange Sympathiebekundungen in Form von Applaus gab. Diskussions- und Unterhaltungsstoff bietet das zweite Programm des verheirateten Paares mehr als genug. Denn die Ehnerts streiten nicht bloß, wie lange genau beide denn nun schon verheiratet sind oder über seinen Vegetarismus mit Folgen fürs Sexualleben. Zwischendurch geht's auch ums gesellschaftlich Eingemachte, wenn die Schauspieler etwa Werbespots für einen Lebensmittelkonzern (Nestlé) drehen sollen oder die Herstellungsmethoden von Kik hinterfragen, laut Michael Ehnert "Krebs im Kind". Da hat sie den Gang zu den "AA", den "Anonymen Angetrauten", schon hinter sich. Den Gruppenleiter gibt er wie sie seine Therapeutin oder osteuropäische Urologin. Wie überhaupt der Reiz und das Tempo des Stücks in den Sprüngen und Monologen liegen. Schauspielerisch macht den Ehnerts im Kabarett niemand was vor. Kleinkunstpreisverdächtig.  (Sefan Reckziegel)